Urban Living Klein wohnen, Groß denken
Die Spanierin Julia ist 35 Jahre alt, Übersetzerin und wohnt in einer 2-Zimmer-Wohnung im siebten Stock einer neueren Wohnüberbauung in Brüssel. Wenn sie nicht ihre Familie in Andalusien besucht, verbringt sie ihre Urlaube in den Bergen – Klettern ist ihre Leidenschaft. Währenddessen vermietet sie ihre Wohnung über eine Internet-Plattform an Reisende aus aller Welt. So kann sie ihr Ferienbudget aufbessern. Auch sie selbst wohnt im Urlaub oft in Wohnungen, die sie übers Internet mietet.
Julia steht für einen Großteil der Frauen und Männern zwischen 30 und 60 Jahren, die heute in europäischen Städten allein in ihrer Wohnung leben. Urbanisierung, modernes Nomadentum und der demografische Wandel fordern immer mehr Singleapartments und Flexibilität vom Wohnungsmarkt. Die durchschnittliche Fläche städtischer Neubauwohnungen nimmt ab, das Wohnen auf kleinem Raum wird zum neuen Wohnprinzip. Zentral gelegene oder zumindest verkehrstechnisch gut erschlossene, 8- bis 12-stöckige Gebäude mit mehr als 50 Wohneinheiten für Einpersonenhaushalte, sind heute keine Seltenheit mehr. Julia hätte damals bei ihrem Umzug nach Brüssel auch die Möglichkeit gehabt, eine Altbauwohnung mit viel Charakter, aber großem Renovationsbedarf zu mieten. Sie hat der modernen Wohnüberbauung mit zeitgemäßem Komfort und einem gewissen Maß an Privatsphäre klar den Vorzug gegeben.
Das große Umdenken
Im Gegensatz zu den in den 60er oder 70er Jahren renovierten Stadthäusern erfüllen heutige Großprojekte oftmals allerhöchste Standards und dies nicht nur hinsichtlich des Wohnkomforts auf kleinem Raum, sondern auch in Sachen Wärmedämmung, Schallschutz, Energieeffizienz und multimedialer Vernetzung. Beim Bau solcher Gebäude kommen oft vorgefertigte Komponenten wie beispielsweise einbaufertige Sanitärwände zum Einsatz. Das spart Zeit, reduziert die Komplexität auf der Baustelle und verbessert die Planbarkeit von Zeit und Kosten.
Architekten sind nun gefragt, auf den neuen Bedarf an Mini-Apartments zu reagieren und diese Wohnungen so effizient wie möglich zu gestalten. Eine multifunktionale Inneneinrichtung spielt dabei eine große Rolle. Denkbar sind eine ganze Reihe Mehrfachfunktionen, darunter Schlafbereiche mit Plattformbetten, die tagsüber als Schreibtischfläche dienen, oder Schränke die zusätzlich als Wänden fungieren. Auch vertikal angeordnete Möbel, die keinen Zentimeter ungenutzt lassen, können Platz sparen. Hier sind schlaue Lösungen gefragt, die praktisch und gleichzeitig schön sind.
Das Bad als Mini-Spa
Auch das Bad ist von zentraler Bedeutung: Obwohl die Grundfläche der Badezimmer in modernen 1- und 2-Zimmer-Wohnungen in den letzten Jahren im Durchschnitt kleiner geworden ist, wirken die Räume nicht unbedingt enger. Durch den Einsatz von Unterputz-Installationstechnik und wandhängenden Keramiken, aber auch durch den vermehrten Einbau von bodenebenen Duschen und rahmenlosen Duschtrennwänden, entsteht nicht nur gefühlt mehr Platz. Die Trennwände vermitteln einen großzügigeren Raumeindruck und erleichtern die Reinigung. Generell werden hier bevorzugt Materialien verbaut, die auch von weniger putzfreudigen Mietern nicht so schnell in Mitleidenschaft gezogen werden.
Die Freiheit der Bewohner
Für Julia ist alles fein so wie es ist. Dass wildfremde Menschen in ihrer Wohnung ein und aus gehen, stört sie nicht. Sie hat einen abschließbaren Schrank für persönliche Gegenstände wie Wäsche, Kosmetika und Unterlagen. Nach ihrer Heimkehr plant sie immer genügend Zeit ein, um ihre Wohnung zu putzen – vor allem das kleine, aber zweckmäßig ausstaffierte Bad. Sie liebt ihre Wohnung, aber wer weiß: vielleicht verschlägt es sie irgendwann doch wieder in eine andere Stadt. Dann wird es nicht lange dauern, bis ein neuer Käufer kommt.
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