„Beton – mein absolutes Lieblingsmaterial“
Dass es sich bei Beton um den flexibelsten Baustoff überhaupt handelt, weiß Architekt Markus Kaupert, Partner bei ppp architekten und stadtplaner gmhh, aus eigener Erfahrung. Einer alten Fabrik in der Hamburger Gausstraße hat er damit zu ungewöhnlich neuem Glanz verholfen. Bäder inklusive.
Sie haben eine Fabrik aus der Jahrhundertwende mit modernem Sichtbeton weiterentwickelt. Was war das für ein Projekt?
Ein sehr einmaliges und spannendes! Es begann schon 2006, da wurden wir beauftragt, ein Fabrikgebäude in Hamburg-Altona umzubauen und zu sanieren. Es handelte sich um eine alte Goldleistenfabrik, einen Ziegelbau aus der Jahrhundertwende. Ein Flügel der Fabrik war noch vorhanden, ein Teil bereits vor geraumer Zeit zu einem Wohnhaus umgebaut, und der Mittelteil wurde im Krieg zerstört.
Wie sind Sie vorgegangen?
Auf den heutigen Retro-Trend aufzuspringen galt es unbedingt zu vermeiden. Eine Ziegel-Erweiterung kam deshalb nicht in Frage. Uns ging es um einen Kontrast: Wir wollten den historischen Teil mit dem Heute verbinden und mussten dafür das richtige Material finden. Zunächst haben wir die Kriegsspuren an der Ziegelfassade repariert und einen hofseitigen Laubengang aus Beton-Fertigteilen entwickelt. Damit war schon die Idee angelegt, den gesamten Bau mit diesem Material zu erweitern. Das geschah dann 2016: Entstanden ist ein turmartiger fünfgeschossiger Kopfbau aus Sichtbeton, der Lofts zum Wohnen und Arbeiten und ein Ladenlokal beinhaltet.
Bei „Beton“ denkt man zunächst an viel Gewicht, auch an das Wort „Bunker“…
Das stimmt, aber das ist ein Trugschluss. Die Betonplatten sind relativ schlank und nicht schwerer als die Wand einer Ziegelfassade. Die Bunker-Assoziation ist verbreitet, aber für uns ist Beton sehr vielseitig. Wir haben das Material Beton in Form von Fertigteilen eingesetzt, die vor Ort montiert und im Kern mit Ortbeton vergossen werden mussten. Das ist preiswerter und schneller als den Bau in Ortbeton herzustellen. Die Betonteile haben eine sichtbar belassene Innen- und Außenschale. In der Mitte befindet sich eine Wärmedämmung und eben der tragende Ortbetonkern. Das Material erfüllt damit mehrere Funktionen gleichzeitig: es dient als Tragwerk, als Raumabschluss und Wärmedämmung. Mein absolutes Lieblingsmaterial!
Wie herausfordernd war speziell die Badarchitektur?
Die Bäder waren die logische Weiterentwicklung der Grundidee. Die Betonteile sind innen sichtbar belassen. Eine räumliche Ergänzung sind Trockenbauwände, die sich in Zukunft relativ leicht umsetzen lassen, wenn man den Grundriss verändern will. Das gesamte Haus ist so aufgebaut und bietet dadurch viel Flexibilität. Die Gestaltung zieht sich durch alle Räume: wir sehen unverputzten Sichtbeton, weiße Wände, unbehandelte Dielenböden aus Fichtenbrettern. Sie bilden einen optischen und haptischen Kontrast zum Beton und zum neutralen Weiß.
In den Bädern haben wir mit Steinzeugfliesen gearbeitet, die mit den weißen Badutensilien kontrastieren. Steinzeugmosaik ist sehr scharfkantig und hat den schönen Effekt, ein wenig wie Glasmosaik zu changieren. Die Bauherren selbst haben den Waschtisch mit schlanken Stahlfüßen entwickelt, der dem Bad Leichtigkeit gibt und gleichzeitig die Idee des Industriellen widerspiegelt. Das flaschengrüne Steinzeug vor der Wanne im großen Bad erinnert an Algen und Seewasser. Die Natur spielt also auch eine große Rolle in der Architektur mit Sichtbeton.
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